Niederwerth. Weitersburg. Höhr. Hillscheid. Besselich. Rübel. Bolusgipfel. Bembermühle. Wambachtal.
“Immer werden die Bilder dieses Edens, immer die Erinnerung dieser genossenen Aussicht meiner Seele eingedrückt bleiben und nimmer erlöschen.“ Greg. Lang. Rheinreise.
Wir glauben unsere kleine Beschreibung nicht schließen zu sollen, ohne einen kleinen Rundblick zu werfen über des Klosters prachtvolle Umgebung, von der wir schon oben gesprochen. Wenigstens die hervorragenden Punkte wollen wir erwähnen und einige der reizenden Ausflüge und Spazierwege anführen, die gleich den Fäden eines goldenen Netzes sich um Vallendar und sein altes Kloster schlingen.
So heißt die langgestreckte Insel im Rhein, Vallendar gegenüber, im Gegensatz zur Insel Oberwerth bei Koblenz. Werth (Werder, Wörder, Wörth, Wöhrd) ist die allgemeine Bezeichnung für eine Insel in einem Flusse. Die Insel Niederwerth, zur Pfarrei Vallendar gehörig, war zuerst Eigentum der Herren von Isenburg, von welchen die Ritter von Braunsberg sie zu Lehen erhielten. Schon in alter Zeit befanden sich daselbst ein Hof und eine Kapelle des hl. Gangolf. Eine andere Kapelle war dem hl. Georg geweiht und dabei eine Klause frommer Frauen. Auf dieser Insel fand im Jahre 1338 die Zusammenkunft des Kaisers Ludwig des Bayern und Eduard III. von England gegen König Philipp von Frankreich statt. Im Jahre 1428 siedelte der Erzbischof Otto von Ziegenhayn die aus Zwolle vertriebenen Augustinerchorherren auf Niederwerth an, denen dann in der Folge auch die Verwaltung des Klosters Schönstatt übertragen ward. Die Gemeinschaft bestand aber nur bis 1580. In diesem Jahre versetzte der Erzbischof Jakob III. von Elz die Cisterzienserinnen von der Leer in Koblenz dorthin, welche in den wilden Stürmen des 30jährigen Krieges oft schwer heimgesucht wurden. Auch dieses Kloster ward 1811 aufgehoben und viel wichtige Denkmäler, darunter auch die Skt. Gangolfskapelle, wurden abgebrochen. Erhalten ist noch die schöne Kirche aus den Zeiten des Erzbischofs Johann von Baden (1456 1503). Die Bevölkerung der fruchtbaren Insel ist über 800 gestiegen. Ein Adelsgeschlecht entlehnt seinen Namen von Niederwerth. Früher waren es vier Inseln: Niederwerth, Hopfenwerth, Langewerth und Lützelwerth. Jetzt ist nur noch eine kleinere rheinabwärts, die sogenannte Insel Graswerth erhalten.
Hoch über Vallendar, rheinabwärts, erhebt sich, weithin sichtbar und eine der prachtvollsten Aussichten beherrschend, der Wüstenhof (200 Meter) auf einem Plateau, dessen äußersten Rand, dem Rhein parallel, das Dorf Weitersburg einnimmt. Die ganze Gegend ist sehr fruchtbar. Das Dorf zählt gegen 920 Bewohner. Ein Ritter Heinrich von Wittersberg wird in einer Urkunde vom 21. März 1264 unter den Gerichtsschöffen von Vallendar genannt. Ritter Johann von Wittersberg ward berüchtigt durch die Räubereien, so er von seiner unweit des Dorfes gelegenen Burg verübt. Die Burg wurde gegen Ende des 14. Jahrhunderts eingenommen und zerstört. Der Erzbischof Johann Hugo (1676 1711) erlaubte den Weitersburger am 8. April 1700 sich eine eigene Kapelle zu bauen. Den sonntäglichen Gottesdienst in dieser Filiale von Vallendar versehen seit 1901 die Pallottiner von Schönstatt.
Auf zwei Wegen gelangt man von Vallendar hinauf nach Höhr (268 Meter), der Metropole des Kannenbäckerlandes; entweder durch das reizende, erwähnte Fehrbachtal (7 Kilometer) oder über die Höhen des Wandhofes (6,9 Kilometer). Beide Straßen kreuzen den Römerwall; die im Tal ziehende Hauptstraße 17 Schritte jenseits des klm-Steines 38,9; der Weg über die Berge, jenseits des Wandhofes, links, kurz bevor er den Wald verlässt und nach Höhr hinansteigt. Höhr, in den alten Urkunden Hurle genannt, kam 1294 von Sayn an Sayn-Wittgenstein, 1363 teilweise, von 1767 ab ganz an Trier und 1803 an Nassau. Im Jahre 1688 wurde Höhr eine eigene Pfarrei, nachdem es vorher nach Vallendar gehört hatte. Der Ort zählt gegen 3000 Einwohner und ist weltberühmt durch seine Tonindustrie. Vorzugsweise werden daselbst Steinwaren, Mineralwasserkrüge, Guß- und Wasserleitungsröhren, Pfeifen und Pfeifenköpfe angefertigt. Ungefähr 50 Fabriken beschäftigen über 800 Arbeiter. Diese kostbarsten, reichverzierten und vergoldeten Steingutwaren wandern von hier in alle Länder bis hinüber in die neue Welt.
Des Fehrbachs Nachbar, der Hillscheiderbach, kommt eine Strecke oberhalb Hillscheid aus dem Montabaurer Wald hervor und durchströmt den Hillscheider Grund, ein Tal, romantisch und anziehend, wie irgend eines der romantischen Umgebung von Vallendar. Hillscheid, selbst das alte Hirscheid, wohl auch Histh genannt, ist ein betriebsamer Ort mit ca. 1500 Bewohnern, 6,6 Kilometer von Vallendar, ebenfalls bekannt durch seine Tonwaren. Die 20 Fabriken liefern alljährlich ca. 1 1/2 Mill. Krüge an die Brunnen von Bad Ems. Zur Herrschaft Vallendar gehörig, gehörte auch Hillscheid in die dortige Pfarrei. Im Jahre 1081 wurde den Einwohnern der Bau einer eigenen Kapelle bewilligt, wo dann seit 1683 durch einen Franziskaner aus Montabaur Sonn- und Feiertags-Gottesdienst gehalten wurde. 1756 ward die jetzige Kirche gebaut, 1812 der Ort zur eigenen Pfarrei erhoben.
Wenige mehr wissen etwas von diesem alten Kloster auf dem Mallendarer Berg, und doch dürfen wir es nicht unerwähnt lassen, da es sozusagen zum Kloster Schönstatt in verwandtschaftlicher Beziehung stand. Es befand sich an der Stelle des jetzigen Gutes Besselich und war in alter Zeit ein bekannter Wallfahrtsort. Nach der Legende wurden hier oben König Florian, seine Gemahlin Engelinde, seine Töchter Anidebe und Enidebe mit vielem Gefolge, unter anderen der Bischof Elon, Diakon Pupillus und Subdiakon Wenzeslaus auf ihrer Reise nach Köln zum Heiligtum des elftausend Jungfrauen in der Karwoche des Jahres 500 von den heidnischen Hunnen, die sich im Westerwalde aufhielten, überfallen und um des Glaubens Willen getötet.
Ein Herr von Helfenstein errichtete dort nachmals im Jahre 1204, als die hl. Leiber aufgefunden wurden, eine Kapelle, welche Erzbischof Johann im Jahre 1204 konsekrierte. Im Jahre 1300 brachte ein Edler, Herr Hartmann aus Koblenz, von seiner Romreise kostbare Ablassprivilegien mit. In einer alten Chronik werden die Reliquien genau beschrieben und verschiedene Wunder berichtet.
Bereits im 13. Jahrhundert befand sich auf dem „heiligen Berge“ Besselich ein Kloster. Im Jahre 1428 wurden die Franziskanerinnen aus der Klause von Niederwerth dahin versetzt und im Jahre 1440 eine Anzahl Schwestern des gleichen Ordens aus dem Marienkloster in Mühlheim, von welchem oben die Rede war.
Mit der trefflichen ersten Oberin, der ebenfalls schon erwähnten Mater Elisabeth von Weiß, begann eine Zeit der Blüte und Frömmigkeit in Besselich. 1476 wurden von hier aus die Niederlassungen in der Klause zu Carden an der Mosel und in Skt. Martin zu Boppard gegründet.
In den Stürmen des 30jährigen Krieges ward das Kloster oft furchtbar heimgesucht, aber der Eifer der Nonnen heilte alle Wunden wieder, bis es schließlich der allgemeinen Säkularisation zum Opfer fiel.
Das Besitztum kam an die Grafen von Bassenheim, dann an den französischen General Guerin, der die alte Kirche bis zum Grunde abbrechen ließ. Später folgten andere Besitzer, und jetzt ist vom alten Kloster nichts mehr zu sehen. Einige Reliquien befinden sich in der Pfarrkirche zu Niederberg.
Ein anderer ebenfalls lohnender Ausflug wäre über Mallendar und den Holderbergerhof nach dem berühmten Arenberg (6,5 Kilometer), dessen Beschreibung uns aber zu weit führen würde. Kleinere Spaziergänge sind nach dem Rübel oberhalb Vallendar Bolusgipfel, Stätte der Niederlage der in der Grenzauer (Westerburger) Fehde umgekommenen Koblenzer Bembermühle im Feisternachtstale Wambachtal zur Humboldtshöhe usw.
Hiermit schließen wir unsere kleine Abhandlung, in der Hoffnung allen Besuchern des Tales einen willkommenen Führer und ein liebes Andenken zu bieten an das alte Kloster Schönstatt.