Die Missionsgesellschaft der Pallottiner. Deren Niederlassungen in Deutschland. Erwerbung des alten Klosters Schönstatt.
“Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen.“
Wenn wir die kurze Geschichte des Klosters Schönstatt und seiner Klosterfrauen in einem Bilde an unserem Geiste vorüberziehen lassen, dann ergreift Wehmut unter Herz, und eine traurigernste Stimmung nimmt unser Gemüt gefangen. O, wie viele oberflächliche Geister schwärmen für Ruinen und finden in deren Bewunderung kein Ende, nicht gedenkend all der Menschenherzen, welche dort einst geschlagen, und gebrochen wurden, als diese Orte Ruinen wurden! Ist nun gerade Schönstatt auch keine der größten und mächtigsten Ruinen, - die beiden einsamen Türme in dem stillen Tale reden laut genug, und des Klosters wechselvolle Geschichte bietet hinlänglich Stoff zum Nachdenken über die Hinfälligkeit alles Irdischen.
Doch nicht allzu lange weilen wir bei der Vergangenheit, unser ist die Zukunft, dort liegt unsere Bestimmung:
“Mag ins Abendrot versunken
Trüben Mut’s ein Träumer klagen,
Doch der Blick des Wohlbereiten
Grüßt im Ost das junge Tagen.“
Singt der Dichter von „Dreizehnlinden“.
Was kann nun aber wohl die Zukunft des zerfallenen Klosters im Löhrbachtale sein? Vielleicht ein Trümmerhaufen?
Wer im Frühlinge des Jahres 1901 an den alten Klostermauern mit ihren würzig duftenden Tannen und dem lieblich blühenden Blumengarten vorüberging, dem musste die Veränderung auffallen, welche jüngst da vorgegangen. Selbst die vielen Vöglein, die trauten Freunde Schönstatts, als sie von ihrer Südlandsreise zurückkamen, guckten überrascht und neugierig in den Klosterhof hinein. Frische, muntere Stimmen ertönten aus dem Inneren des in liebliches Grün versteckten Klösterchens und fanden jubelnde Antwort von den schattigen, verborgenen Wegen des herrlichen Wäldchens her und einen Widerhall in den umliegenden Tälern.
In den Lenzestagen des neuen Jahrhunderts war neues Leben eingezogen in die altehrwürdige Ruine. Das Missionshaus der Pallottiner zu Limburg an der Lahn hat in der freien Gottesnatur, in der gesunden Luft des lieblichen Tales zu Schönstatt, ein Studienhaus eingerichtet für die kleinen Studenten der niederen Klassen. Daher das Singen und jauchzen am schönen Frühlingsmorgen und am Abend der zarte, weihevolle Gesang zu Ehren der Maienkönigin. Das Kloster Schönstatt war seiner ehemaligen Bestimmung wiedergegeben.
Aber wie war das gekommen? Wir können hier nicht die ganze lange Geschichte erzählen und müssen uns auf einige Erklärungen beschränken.
Im Sommer des Jahres 1890 (20. Juli) hatte die Congregatio de propaganda fide zu Rom mit Zustimmung der deutschen Regierung das deutsche Schutzgebiet Kamerun den Missionären der Pallottiner-Missionsgesellschaft übertragen, und im Oktober desselben Jahres waren die ersten Apostel nach Afrika abgereist. Diese Genossenschaft frommer Priester wurde im Jahre 1835 zu Rom durch den heiligmäßigen Ehrw. Vinzenz Pallotti (21. April 1795 bis 22. Januar 1850) zunächst für innere Mission und Bekehrung der schismatischen Griechen gegründet, dehnte ihre segensvolle Tätigkeit aber bald über Italien hinaus nach England, Süd- und Nordamerika aus. Heute hat diese Gesellschaft Niederlassungen in vier Weltteilen, in Europa, Amerika, Afrika und Australien.
Im Herbst des Jahres 1892 kam der Obere des Missionshauses in Masio, der gegenwärtige deutsche Provinzial P. Max Kugelmann nach Deutschland, wo er nach mancherlei Schwierigkeiten infolge der Kulturkampfgesetze endlich im Lahntale, in der altehrwürdigen Stadt Limburg beim damaligen Bischof Dr. Karl Klein (1886 1898) liebevolle Aufnahme fand und im dortigen Walderdorffer Hofe das erste deutsche Missionshaus gründete. Die Gemeinde wuchs rasch und hatte bald in den beschränkten Räumen des gräflichen Hofes nicht mehr Raum genug. Mit Erlaubnis Sr. Gnaden, des Hochwürdigesten Herrn Bischofs von Trier, Dr. Mich. Felix Korum, und der Regierung, wurde daher im Jahre 1893 die Studienanstalt nach Ehrenbreitstein verlegt, wo sie sich günstig entwickelte. Im Jahre 1897 ward dann das neue Missionshaus im Limburg vollendet und eingeweiht.
Um dieser Zeit war Schönstatt im Besitze des obengenannten Herrn Dorsemagen (Hier ohne „n“ Dorsemagen geschrieben.), der mit großer Mühe und beträchtlichem Aufwand einen kleinen Park, ein wahres Paradies, um das Kloster angelegt hatte. Als gegen ende des Jahres 1900 dieser Herr sein Besitztum veräußern wollte, wünschten es die Pallottiner zu erwerben, da indessen ihr Studienhaus in Ehrenbreitstein zu klein geworden war. Dank der Zuvorkommenheit des hochw. Ordinariates in Trier, ganz besonders aber auf das Verwenden des gegenwärtigen Herrn Dekans von Vallendar, des Hochw. Herrn Nikolaus Barain, kam am 19. April 1901 der Kaufvertrag zustande, laut dessen das Kloster Schönstatt an die Missionsgenossenschaft überging.
In kurzem war das Gebäude zweckentsprechend eingerichtet, und bald wurden die drei unteren Klassen der Studienanstalt Ehrenbreistein nach Vallendar verlegt unter dem ersten Rektor P. Frz. X. Zeus.
Die Anstalt gedeiht segenvoll. Gebe Gott, dass die Blüten heiliger Gottesliebe und Wissenschaft, welche mächtig sprossen in Bälde reichliche Früchte tragen und dass die neue Gründung lange bleibe eine schöne Stätte der Gottesfurcht und Frömmigkeit, eine wahre Schönstatt!