Sage von Luther und Katharina von Bora. Verfall der Disziplin. Anekdote. Bitte der Klosterfrauen um Abhilfe. Ihre Versetzung nach dem Georgenkloster zu Koblenz. Schönstatt fällt an die trierische Hofkammer.
“Kann, was Asche ward, noch lodern? Kann, was Leiche ward, genesen? Zu den Toten fällt das Tote, sei es noch so schön gewesen.“
Als die Schwestern im Jahre 1489 von Mühlenheim nach Schönstatt übersiedelten, war Luther schon geboren (10. November 1483), der nachmalige Mönch von Wittenberg, der gleichfalls dem Augustinerorden angehörend, das längst glimmende Feuer zu hellem Brande anfachte und den unheilvollen Riss herbeiführte.
Erzbischof Johann von Trier hatte das vakante Kloster der Augustinerinnen von Mühlheim im Jahre 1500 den Augustiner-Eremiten übergeben und mit Zehenten in Niederbrechen dotiert. Luther soll selbst vorübergehend dort gewohnt haben. Es wäre dann wohl auch wahrscheinlich, dass er das Kloster Schönstatt besuchte. Gewisses ist nicht bekannt. Eine unbegründete Sage lässt sogar Katharina von Bora eine Schönstätter Nonne sein.
Um die Mitte des 16. Jahrhunderts bereits hatte der ganze westerwäldische Adel sich den verlockenden Aussichten des neuen Glaubens zugewendet und war zum Luthertum abgefallen.
Wenn nun schon im vorhergehenden Jahrhundert der Sinn und Eifer für das Klosterleben abhanden gekommen war, so hatte man jetzt einen förmlichen Hass gegen die Geistlichen und Klosterleute. Auf alle Weise suchte man sie zu schädigen, ihnen ihr Eigentum zu nehmen und das Leben unmöglich zu machen. Die katholischen Fürsten waren nicht stark genug, dies zu hindern, ja sie taten vielfach dasselbe.
Den Nonnen von Schönstatt erging es hierbei nicht besser, als allen übrigen Klöstern des deutschen Vaterlandes. Nach kurzer, vorübergehender Besserung ward die Lage des Klosters eine traurigere als vorher.
Äußerlich schutz- und wehrlos, verloren die Klosterfrauen bald wieder auch jeden inneren Halt. Schon das Zusammenleben der älteren, undisziplinierten Schwestern mit den neuen von Mühlenheim, musste auf den Eifer der letzteren einen verderblichen Einfluss ausüben. Da konnten alle Visitationen, Mahnungen und Strafen von seiten des Bischofs wenig nützen. Auf schlechtem Boden und in ungesunder Luft, ohne Licht und Wärme, kann die beste Pflanze nicht gedeihen. Wie es scheint, haben mehrere Nonnen, dem neuen Evangelium folgend, das Kloster verlassen. Neue kamen nicht mehr, so dass die Gesamtzahl um das Jahr 1567 auf 12, fünf Chor- und sieben Laienschwestern gesunken war.
Aus jener Zeit stammt auch eine interessante Anekdote. Es wäre nämlich eine dem äußeren ansehen nach ganz ehrbare Person ins Kloster gekommen und habe das geistliche Kleid begehrt. Durch ihre Verstellung habe sie es so weit gebracht, dass die Nonnen sich glücklich schätzten, eine so vollkommene Seele in ihrer Gemeinde zu haben. Sie sei eingekleidet worden. Mittlerweile habe man aus verschiedenen Anzeichen entdeckt, dass sie innerlich anders sein müsse, als sie sich äußerlich zeige, und allerlei Gerüchte seien verlautet über ihre unordentliche Aufführung in der Welt. Da keine Hoffnung auf Besserung vorhanden gewesen sei, so habe man sie, gemäß den Statuten, mit einer trostvollen Ermahnung entlassen. Die Person aber, als sie sich verraten gesehen, sei von einem solchen Hass und Zorn gegen die Gemeinde entflammt worden, dass sie gesprochen habe: „Nun, so ich hier nicht leben kann, so soll keine mehr hier leben“. Darauf soll sie ein hierzu bereitetes Gift in des Klosters Brunnen geworfen haben, wodurch einige erkrankt und gestorben seien.
Nach einer anderen Version soll die Person einzig deswegen entlassen worden sein, weil sie nicht aus adeliger Familie gewesen sei, was erst nachher zufällig durch ein Zeichen bekannt geworden sei. Die Nonnen waren nämlich, wie schon oben gesagt, alle aus adeligem Geschlechte, wenigstens die Chorfrauen.
Das Eine scheint mit Sicherheit hervorzugehen, dass das Kloster Schönstatt aus irgend welchem Grunde in den letzten Zeiten für die Gesundheit der Nonnen verhängnisvoll geworden war und viele in jungen Jahren starben, was auch verschiedene Funde bei den letzten Nachforschungen zu bestätigen scheinen.
In dieser allgemeinen Bedrängnis wandten sich die damalige Oberin, Anna Merlen, und die noch übrigen Klosterfrauen an den Kurfürsten, Erzbischof Jakob III. von Elz (1567 1623) mit der Bitte um Versetzung an einen Ort, wo sie mehr Sicherheit für Leib und Seele finden möchten.
Es bestand aber in jener Zeit in Koblenz im „Vogelsang“, in der heutigen Karmeliterstraße gegenüber dem Gerichtsgebäude, ein kleines Kloster nebst Kirchlein, das Georgenkloster der Krankenschwestern vom dritten Orden des hl. Franziskus. Als diese Schwestern das Kloster an der Görgenpforte bezogen, wurde das Skt. Georgenkloster frei.
Dieses beschloss nun der Erzbischof im Jahre 1567 den Schönstätter Nonnen anzuweisen. Da man aber von seiten des Grafen Wilhelm von Sayn-Wittgenstein gegen die beabsichtigte Translation Einspruch fürchtete, so ging man in aller Stille zu Werke. Der Erzbischof schickte im September 1567 Kommissare, die vorläufig die Kostbarkeiten der Sakristei und des Klosters und die Bibliothek samt dem Archiv in Empfang nahmen und nach Koblenz beförderten. Ihnen folgte am 10. Oktober, am Feste des hl. Gereon, eine zweite Kommission, bestehend aus dem Weihbischof Gregor Birnenburg, zwei Brüdern von der Leyen, vier Doktoren und drei Notarien, denen eine bewaffnete Mannschaft von 100 Knechten und 30 Reitern beigegeben war. Die Kommission nahm Besitz von dem Kloster, ließ das kurfürstliche Wappen anschlagen und Bilder und Glocken nach Koblenz schaffen, bis auf die eine Glocke, welche der Kurfürst der Pfarrkirche in Vallendar schenkte, wo diese sogenannte Bürgerglocke, wegen ihres schönen Klanges hochgehalten wird. Die Glocke ward im Jahre 1503 für das Kloster gegossen und trägt in gotischen Buchstaben die Umschrift:
Maria heissen ich
In Gottes Eir wach ich
Does Weder verdriben ich
Peter von Echternach gaus mich. D. MDIII. (1503)
Am selben Tage wurden die Klosterfrauen aus dem Skt. Barbarakloster zu Schönstatt nach Koblenz in den St. Georgen-Konvent geleitet, und Schönstatt hatte nach 424 Jahren aufgehört, ein Kloster zu sein. Im Herbste 1143 waren die Nonnen jubelnd und freudig eingezogen, beim Blätterfallen des Jahres 1567 zogen sie ernst und traurig von dannen. Ein großes Stück Weltgeschichte liegt dazwischen, schwarze und goldene Blätter, Licht und Schatten, ein Bild des menschlichen Lebens, der Leiden und Freuden, des Ringens und Kämpfens auf Erden. O, wie war es im folgenden Winter wieder so einsam im stillen, lieblichen Tale!